ABSCHIED VON 22 UND 27

Die Straßenbahnstrecke von Witten nach Castrop überlebte den Konkurs der Westfälischen Straßenbahn. Am 1. Februar 1938 wurde aus der Linie E die Linie 27. Der Linienverlauf blieb unverändert.

SCHNELLE WIEDERINBETRIEBNAHME

Trotz der erheblichen Zerstörungen in der Wittener Innenstadt konnte die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG den Verkehr auf den ländlichen Streckenteilen nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg relativ schnell wieder aufnehmen – auch auf der Strecke von Witten nach Castrop.

Sobald in der Wittener Innenstadt die Durchfahrt wieder möglich war, war auch die Linie 27 wieder unterwegs – anfangs auf der Relation Bommern Denkmal – Witten – Langendreer – Castrop-Rauxel Emschertalbahn.

In den ersten Nachkriegsjahren musste noch viel improvisiert werden. Deshalb kam es in dieser Zeit mehrfach und kurzfristig zu Linienwegänderungen. „Hamsterfahrten“ aus der Stadt zu den an der Strecke liegenden Bauernhöfen ließen die Fahrgastzahlen steigen.

Im Sommerfahrplan 1949 teilte sich die Linie 27 ihre Stammstrecke mit der zuvor in Langendreer wieder in Betrieb gegangenen Linie 22: Die Linie 27 fuhr jetzt vom Wittener Hauptbahnhof zum Bahnhof Langendreer-Nord, die Linie 22 verband den Alten Bahnhof in Langendreer (Kaisersteg) mit der Endstelle in Castrop-Rauxel.

SCHLECHTER ZUSTAND

Aufgrund des relativ schlechten Zustands der Gleise und der Oberleitung und des absehbaren Erneuerungsbedarfs war nach Berechnungen der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG ein langfristiger Fortbestand der Straßenbahnverbindung nicht wirtschaftlich, insbesondere im Vergleich zu den Anschaffungs- und Betriebskosten von Omnibussen.

Dies war der Grund dafür, die Linie 22 zwischen Langendreer Bahnhof und der Emschertalbahn in Castrop-Rauxel am 31. Mai 1951 stillzulegen und ab 1. Juni 1951 auf die neue Omnibuslinie 78 umzustellen.

In der Aufsichtsratssitzung der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG am 24. Juli 1951 fiel dann die Entscheidung, auch den Straßenbahnbetrieb der Linie 27 zwischen Crengeldanz und Langendreer Bahnhof sowie den Restbetrieb der Linie 22 auf der Stichstrecke von Langendreer Bahnhof zum Alten Bahnhof (Kaisersteg) zu beenden.

Am Abend des 30. November 1951 fuhr zum letzten Mal ein Straßenbahnwagen im Linienverkehr von Witten nach Langendreer. Die Strecke zwischen Langendreer und Witten übernahm die Omnibuslinie 78, den Abschnitt von Langendreer zum Alten Bahnhof die Omnibuslinie 79. Zwischen Witten-Markt und Bommern Denkmal übernahm die Straßenbahnlinie 10 den Dienst der Linie 27.

Das Beitragsbild aus der BOGESTRA-Fotosammlung zeigt die letzte Fahrt der Linie 27. Während die Einstellung der Strecke von Castrop nach Langendreer „sang- und klanglos“ erfolgte, wurde Triebwagen 45 als letzte „27“ nach Brauch der Jäger mit einem Tannenzweig geschmückt. Die Tafel, die auf den besonderen Anlass hinweisen sollte, wurde später für die Veröffentlichung in den Betriebsmitteilungen der BOGESTRA ergänzt.

Der Geschäftsbericht der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG für die Jahre 1951 und 1952 kommentierte die Einstellung wie folgt:

„Im Laufe des Jahres 1951 wurden die Straßenbahnlinien Castrop-Rauxel – Langendreer – Witten und Bochum-Grumme – Wohlfahrtstraße auf Omnibusbetrieb umgestellt. Für Erneuerung der Gleis- und Fahrleitungsanlagen dieser Linien … wären zur Weiterführung des Straßenbahnbetriebes erhebliche Mittel aufzuwenden gewesen. Die Schwierigkeiten, diese Mittel zu beschaffen, und der geringe Kapitalbedarf für Omnibusse waren entscheidend für die Umstellung.“

ABBAU DER GLEISE

Bereits im Verlauf des Jahres 1952 wurden die ersten Gleise zwischen Castrop, Lütgendortmund und Langendreer entfernt. Das Gleisdreieck am Bahnhof Langendreer wurde im September 1952 ausgebaut.

Der Straßenbahnbetrieb zwischen Castrop und Bochum, den ich auf meiner Bochumer Website „Rund um den Kuhhirten“ im Detail beschreibe, hatte noch weitere Jahre Bestand. Am 8. Mai 1967 wurde gleichwohl auch die Straßenbahnlinie 7 zwischen der Münsterstraße in Castrop und Gerthe durch die Omnibuslinie 67 ersetzt.

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  • 1950 treffen sich am Bahnhof ein Solowagen auf der "27" und ein Zug mit Beiwagen auf der "20".
    BOGESTRA-Fotosammlung