NACH BOMMERN


Bommern war um die Jahrhundertwende eine selbständige Gemeinde im Landkreis Hagen.

Der wichtigste Wirtschaftsbetrieb war Mitte der 19. Jahrhunderts die Zeche „Nachtigall“. 1714 begann der Abbau der Steinkohle als Stollenbetrieb. Seit 1832 wurde die Kohle im Tiefbau gewonnen. Um 1850 war die Zeche mit rund 500 Mitarbeitenden eine der größten Zechen des Ruhrgebiets.

Seit der Eröffnung der „mittleren Ruhrtalbahn“ zwischen Welper (Hattingen) und Hagen-Vorhalle durch die Bergisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft am 1. Juni 1874 verfügte die Zeche Nachtigall über einen eigenen Bahnanschluss. Auf der nachfolgenden Postkarte (Hermann Lorch Kunstanstalt, Dortmund – Sammlung Ludwig Schönefeld) sehen wir die Bahntrasse in Höhe der Ruine Hardenstein:

WICHTIG FÜR DEN GÜTERVERKEHR

In den Anfangsjahren waren die Bahnanlagen in Bommern vor allem für den Güterverkehr von Bedeutung. Innerhalb kurzer Zeit entstand am Gleisanschluss der Zeche Nachtigall ein leistungsfähiger Güterbahnhof mit neun Gleisen. Aufgrund des hohen Transportaufkommens wurde die Strecke zwischen Bommern und Hagen zweigleisig ausgebaut. Gleichzeitig verlor der Kohletransport auf der Ruhr an Bedeutung. 1890 wurde er ganz aufgegeben.

Neben der Zeche Nachtigall gab es in Bommern noch eine Reihe weiterer Kleinzechen. Der Zuzug der Bergleute hatte zur Folge, dass die Einwohnerzahl der Gemeinde Bommern von rund 650 im Jahr 1818 auf rund 4.000 zum Ende des 19. Jahrhunderts stieg.

HALTEPUNKT FÜR DEN PERSONENVERKEHR

Mit dem zunehmenden Bedarf an Arbeitskräften stieg auch die Nachfrage nach Personenzügen für Berufspendler. Für sie entstand 1884/85 ein bescheidener Personenbahnhof am nördlichen Ortsrand von Bommern.

In unmittelbarer Nähe dieses Haltepunkts entstand das Restaurant „Ruhrgarten“. Aufgrund der exponierten Lage an der Ruhr entwickelte es sich zu einem beliebten Ausflugsziel für die Wittener Bevölkerung (Hermann Lorch Kunstanstalt, Dortmund – Sammlung Ludwig Schönefeld).

GLAUBE AN WEITERES WACHSTUM

Bei der Planung der Straßenbahn erwartete die Kommunalpolitik in Witten und Bommern, dass die Bedeutung der Zechen im Ruhrtal und damit auch die Bedeutung der Ruhrtalbahn weiter steigen würde.

Eine dieser Zechen war die Schachtanlage 1/2 der Zeche „Vereinigte Franziska Tiefbau“ an der heutigen Bergerstraße, unweit der Ruhrstraße und des Hauses Witten.

Eine Straßenbahnverbindung vom Wittener Stadtzentrum nach Bommern machte deshalb Sinn, obwohl die Einstellung des Förderbetriebs auf der Zeche Nachtigall 1892 bereits eine andere Entwicklung andeutete. Auch die 1839 aus mehreren Kleinzechen gebildete Zeche Franziska befand sich bei der Planung der Straßenbahn in einem Konsolidierungsprozess mit der benachbarten Zeche Hamburg. Am 21. September 1925 stellte auch das Verbundbergwerk „Vereinigte Hamburg & Franziska“ die Förderung ein.

Die Einstellung der Förderung der Zeche „Nachtigall“ wurde durch die Neuansiedlung eines der Dampfziegelei des Tiefbauunternehmers Wilhelm Dünkelberg auf dem Zechengelände kompensiert. Er nutzte den angrenzenden Hang, um Sandstein und Schieferton zu gewinnen. Zum Betrieb der Ziegelei baut er darüber hinaus weiterhin Kohle ab, die über den Steinbruch leicht zugänglich ist. Erst 1963 wird der Betrieb eingestellt. Seit 2003 werden die verbliebenen Gebäude der Zeche und Ziegelei als Teil des Westfälischen Industriemuseums genutzt.

Weiterhin in Betrieb waren um die Jahrhundertwende neben der Dampfziegelei von Wilhelm Dünkelberg die 1849 aus den Grubenfeldern Holland und Holland II hervorgegangene und erst 1972 stillgelegte Zeche „Herbede Steinkohlenbergwerke“. Sie wurde ebenso wie die aus verschiedenen Stollenbetrieben entstandene Zeche „Vereinigte Blankenburg“ (1865 – 1925) und die Kleinzeche „Frosch“ (1650 – 1904) im Hammertal durch die Ruhrtalbahn erschlossen.

Um die Kaufkraft der Bergleute aus Bommern, Herbede und dem Hammertal an Witten zu binden, sollte die Straßenbahn am Personenbahnhof Bommern mit der Ruhrtalbahn verknüpft werden.

Auf der oben gezeigten historischen Postkarte aus dem Wittener Verlag C. I. Krüger (Sammlung Ludwig Schönefeld) sind rechts das 1848 von der Turnergemeinde Witten in Erinnerung an einen ihrer Gründer errichtete Bergerdenkmal sowie im Hintergrund die Ruhrbrücke nach Bommern zu sehen. Diesen Blick nach Westen hatte man vom Ausflugslokal Hohenstein.

Die Stadt liegt auf der rechten Seite hinter dem Hügel. Um Denkmal und Stadt zu präsentieren, entstand im grafischen Atelier von Cramers Kunstanstalt in Dortmund die im nachfolgenden Slider gezeigte Collage. Seit den 1920er-Jahren ergänzte das Wittener Eisenbahnviadukt die Perspektive auf die Stadt. Wir sehen die erst nach der sogenannten „Ruhrbesetzung“ in Betrieb genommene Brücke als drittes Motiv im Slider auf einer von Heinrich Waskönig verlegten „Künstlerkarte“.

  • Die aufwendige Collage präsentiert die Stadt mit dem Bergerdenkmal. Die Brücke nach Bommern
    wurde weggelassen, nicht aber die 1938 demontierte "Nachtigallbrücke" aus dem Jahr 1853.
    Verlag Cramers Kunstanstalt, Dortmund - Sammlung Ludwig Schönefeld