Die modern ausgebaute Strecke von Witten nach Herbede war ein Prestigeprojekt der Westfälischen Straßenbahn. Die solide Ausführung des Streckenbaus sorgte dafür, dass Gleise und Oberleitungen zum Teil bis vor wenigen Jahren genutzt wurden.
Dem dörflichen Heven und der Gemeinde Herbede brachte der Bau der Straßenbahnstrecke einen erhebliche Modernisierung der Infrastruktur. Darauf war auch die örtliche Kaufmannschaft stolz. So warb der Kolonialwarenhändler und Drogist Friedrich Körmann mit einer Postkarte, auf der die neue Straßenbahn nicht fehlen durfte, für sein Geschäft im Dorfkern von Witten-Heven (Sammlung Ludwig Schönefeld).
Die gleiche Stelle sehen wir auf dem nachfolgenden Bild. Es wurde am 24. September 1970 von Wolfgang Hilger aufgenommen (Sammlung Ludwig Schönefeld).

NEUE LINIENNUMMERN
Nach der Übernahme der Westfälischen Straßenbahn GmbH durch die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG wurde die Strecke ab dem 1. Januar 1938 von zwei Linien befahren: Der Linie 23 auf der Relation Herbede – Witten Markt und der Linie 29 auf der Relation Herbede – Annen-Nord.
Die Linienbezeichnungen wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zunächst unverändert übernommen. Im Januar 1952 jedoch mutierte die Linie 29 zur neuen Linie 11, die Linie 23 wurde zur Linie 12.
An der Ausstattung der Endstelle in Herbede hat sich über die Jahre wenig geändert. Das belegt das am 29. Dezember 1963 von Wolfgang R. Reimann aufgenommene Foto von Triebwagen 262:

Die Endstelle der Linie 12 in der Johannisstraße wurde 1952 im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Kornmarktes aufgegeben. Die aus Herbede kommenden Straßenbahnwagen nutzten fortan einen Gleiswechsel zwischen den Haltestelleninseln auf dem neu gestalteten Marktplatz zum Umsetzen. Der Betrieb mit Beiwagen wurde aufgegeben.
Bevorzugt kam in den kommenden Jahren der dreiachsige Triebwagen 187 auf der Herbeder Linie zum Einsatz. Später wurden auch hier Düwag-Standardwagen genutzt:
STIEPEL UND BLANKENSTEIN
Ursprünglich war geplant, die Strecke von Herbede über die Meesmannstraße, die Wittener Straße und „Steinenhaus“ (Kemnade) nach Blankenstein zu verlängern. Am „Steinenhaus“ und in Blankenstein sollten Verbindungen zu den ehemaligen Strecken der Hattinger Kreisbahn nach Stiepel und Hattingen hergestellt werden. Als Vorleistung wurde beim Neubau der Kemnader Brücke bereits ein Gleis verlegt.
Zu diesem Ausbau des Streckennetzes kam es aufgrund von Wirtschaftskrise und Zweitem Weltkrieg nicht mehr. Stattdessen besiegelte der rasant steigende Individualverkehr die weitreichenden Pläne. Der städtebaulichen und industriellen Entwicklung im Ruhrtal hätte der Ausbau der Straßenbahn zwischen Herbede und Blankenstein sicher noch den einen oder anderen Impuls gegeben.
EINSTELLUNG
Am 27. Mai 1972 wurde der Straßenbahnverkehr nach und in Herbede auf Wunsch der Stadt Herbede auf dem Teilstück Heven Dorf – Herbede eingestellt. Der Linienast wurde von der Omnibuslinie 50 übernommen.
Als neue Linie 12 verkehrte die Straßenbahn jetzt von Heven Dorf über Witten nach Annen. Die Linienbezeichnung 11 wurde nicht mehr verwendet.
Zu einer weiteren Änderung der Linienbezeichnungen kam es am 1. September 1976. Das Teilstück von Witten nach Heven Dorf wurde jetzt mit der Linie 10 zu einem neuen Linienverlauf von Höntrop über Bochum und Witten nach Heven Dorf verbunden.
Die Linie 12 übernahm von der Linie 10 das Teilstück von der Bahnhofstraße zum Hauptbahnhof – einschließlich der dort vorhandenen Wendeschleife. Letztere wurde am 10. November 1982 aufgegeben.
ZUKUNFTSPLÄNE
Nachdem es immer wieder einmal Pläne gab, die Verbindung einzustellen, wurde die Strecke von Witten nach Heven in jüngster Vergangenheit vollständig überholt und für den Einsatz von Niederflurwagen ertüchtigt.
Aktuell (2021) regt die Politik sogar eine Verlängerung der Strecke von der aktuellen Endstelle am Ortsrand von Heven zum Kemnader See an.
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