NACHKRIEGSJAHRE

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Verkehr in Witten mit kriegsbedingten Einschränkungen, aber hinsichtlich der Linienbezeichnungen weitgehend unverändert fortgesetzt.

Im Zusammenhang mit der Einstellung der Linie 27 zwischen Castrop und Bommern am 1. Dezember 1951 übernahm die Linie 10 den Streckenast nach Bommern. Mit der Streckenführung von Wattenscheid-Höntrop über Bochum und Witten zur Ausweiche Bommern Denkmal nach Bommern war sie in den 1950er-Jahren eine der längsten Straßenbahnlinien im mittleren Ruhrgebiet.

Am 18. Oktober 1954 wurde der Linienast zwischen dem Wittener Markt und Bommern Denkmal als Straßenbahnstrecke aufgegeben. Neue Endstelle der Line 10 war jetzt wieder der Wittener Hauptbahnhof.

Das Beitragsbild zeigt das Rathaus und den Wittener Markt Anfang der 1960er-Jahre (Postkarte ohne Verlagsangabe – Sammlung Ludwig Schönefeld). Weitere Impressionen der 1960er-Jahre vermittelt der nachfolgende Slider. Den öffentlichen Nahverkehr bestreiten jetzt moderne Düwag-Gelenktriebwagen und die ab 1962 gelieferten Büssing Omnibusse des Typs „Senator“.

  • Anfang der 1960er-Jahre dominieren die modernen Düwag-Gelenkwagen auf der Linie 10.
    Verlag Heinrich Koch, Essen - Sammlung Ludwig Schönefeld

AUTOBAHNBAU

Der Mitte der 1960er-Jahre begonnene Autobahnbau zwischen Laer und Werne sowie zwischen Langendreer, Lütgendortmund und Witten bringt für die Führung der Straßenbahnlinien große Veränderungen mit sich.

Die Linie 20 (Laer – Werne – Langendreer) wird am 30. Juni 1969 aufgrund wirtschaftlich zu belastender Kosten für den notwendigen Streckenumbau eingestellt.

Die strategisch wichtigere Linie 10 erhält im Zusammenhang mit dem Autobahnbau zunächst ab dem 27. April 1971 eine neue, stadtbahngerecht ausgebaute Trasse im Mittelstreifen der neu angelegten Wittener Straße. In deren Verlauf entsteht die neue Haltestelle „Laer Mitte“ mit einer Endstellenanlage für die nunmehr hier werktags endenden Wagen der Linie 2. Die Wendeanlage am Opel-Werk wird noch bis zum 26. Juli 1974 genutzt, dann aber zugunsten einer neuen Haltestelle „Opel-Werk I“ ersetzt.

Die neue Wittener Straße wird nördlich am historischen Kern von Ümmingen vorbeigeführt. Sie mündet in die vierspurig ausgebaute Weststraße. Diese erhält 1975 als Folge der Eingemeindung von Wattenscheid, wo es eine ältere Weststraße gibt, den Namen „Unterstraße“.

Die neue Wittener Straße kreuzt in Höhe des Hauses Wittener Straße 514, das als einziges Gebäude der ehemaligen Uemminger Brauerei bis heute existiert, im rechten Winkel die ehemalige Endstelle Uemmingen der Märkischen Straßenbahn

Die ursprüngliche Trasse der Linie 10 in der „Alten Wittener Straße“ mit den Haltestellen Bahnübergang, Diesterwegstraße und Westerholtstraße wird ebenso stillgelegt wie die Streckenführung südlich von Ümmingen über die Baroper Straße. Die Haltestelle „Ümminger Straße“ liegt bis heute unter gleichem Namen nördlich von Ümmingen in der neuen Wittener Straße.

  • Der Autobahnbau verändert das Landschaftsbild. Triebwagen 275, 2. März 1976.
    Foto Dieter Höltge - Sammlung Stefan Höltge

STRASSENBAHN-ROMANTIK

An der Haltestelle Weststraße (ab 1975 „Unterstraße“) wurde die Neubaustrecke von der neuen Wittener Straße über ein kurzes, auf eigenem Bahnkörper verlegtes Streckenstück in der Universitätsstraße auf die alte Trasse in der Baroper Straße zurückgeführt. Der ursprünglich eingleisige Abzweig von der Wittener Straße in die Universitätsstraße wurde im Sommer 1997 zweigleisig ausgebaut. Die Weiche für die eingleisige Fortführung der Strecke nach Witten wurde in die Universitätsstraße verlegt.

In den 1960er-Jahren gab es Pläne, die Straßenbahn auf eigenem Bahnkörper über die Universitätsstraße bis zur neu entstehenden Ruhr-Universität fortzuführen. Sie wurden nicht weiterverfolgt.

In der Baroper Straße, die im Zusammenhang mit dem Bau von Böschungen der A 44 leicht nach Norden verschwenkt wird, bleibt die Straßenbahnstrecke wie eh und je eingleisig. Die Haltestelle „Kaltehardt“ wird leicht verschoben, während die Haltestelle „Urbanusstraße“ weitgehend in ihrer ursprünglichen Lage erhalten bleibt.

Die Trasse der A 44 wird von der Straßenbahn seit 1973 mittels einer neuen Brücke vor der Ausweiche „Wasserturm“ (später „Am Honnegraben“) überquert. Bemerkenswert daran ist, dass die Brücke im Hinblick auf einen späteren doppelgleisigen Ausbau der Strecke doppelgleisig ausgeführt wird. Hinter der Ausweiche schmiegt sich neue Trasse bis zur Haltestelle Papenholz, wo sie die ursprüngliche Trasse in der Bochumer Straße erreicht, an die leichte Erhebung der Kaltehardt.

Das Teilstück über die Baroper Straße bis zur Haltestelle Papenholz galt lange Zeit als das schönste Streckenstück im Netz der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG. Nachdem die Böschung der Kaltehardt seit Mitte der 1980er-Jahre von der Natur zurückerobert wurde, vermittelte die von Büschen und Bäumen gesäumte eingleisige Überlandstrecke ein letztes Stück Straßenbahn-Romantik.

  • Ländliche Idylle kurz vor der Haltestelle "Papenholz". 19. September 2019.
    Foto Stefan Höltge