NACH LAER

Zu den Anteilseignern der Märkischen Straßenbahn gehörte das Amt Langendreer mit den Gemeinden Langendreer, Stockum, Düren, Somborn und Werne. Wie Witten verband auch Langendreer den Straßenbahnbau mit dem Anliegen, die umliegenden Landgemeinden enger an das neu entstehende Zentrum zu binden.

Wie ehrgeizig die Pläne Langendreers waren belegen die zeitgleich zum Bau der Straßenbahn vorangetriebenen Bemühungen um ein eigenes Amtsgericht. Diese Vorhaben wurde 1904 von der preußischen Gerichtsverwaltung befürwortet. Mit dem Bau eines repräsentativen Gerichtsgebäudes, das am 31. März 1909 fertiggestellt wurde, dokumentierte Langendreer seinen Status als aufstrebende Industriestadt. Zugleich entstand aus dem Ensemble von Amtshaus und Gericht ein neuer Ortsmittelpunkt, nach dem es zuvor mit dem „Alten Bahnhof“ und dem „Dorf / Denkmal“ zwei Zentren gegeben hatte.

NACH UEMMINGEN

Der 1898 mit der A.-G. Elektricitätswerke vereinbarte und am 27. September 1898 konzessionierte Bau einer Straßenbahnstrecke von Langendreer nach Uemmingen, die das Dorf mit der neuen Mitte, dem Bahnhof Langendreer-Süd und dem Kirchdorf Uemmingen verband, verlief ebenso zügig, aber auch ebenso mängelbehaftet, wie der Bau der übrigen Strecken der Märkischen Straßenbahn.

Ausgangspunkt für die neue Strecke war der von der Eisenbahn geplante Zentralbahnhof Langendreer. Da dieser erst 1907/08 fertiggestellte wurde, begann die Strecke zunächst auf der Südseite der Bahnanlage.

Über die Hauptstraße wurde der Abzweig in die Kaiserstraße (seit August 1947 „Alte Bahnhofstraße“) erreicht. Vom Abzweig hinter dem alten Markt aus folgte das Straßenbahngleis der Kaiserstraße in rechter Seitenlage bis zum späteren Amtshaus. Dabei passierte sie die aus dem 12. Jahrhundert stammende Dorfkirche. Sie trägt heute den Namen „Christuskirche“.

Kurz hinter der Kirche entstand das Titelbild dieses Kapitels. Der junge Mann auf dem Bordstein hat nichts zu befürchten: Die Straßenbahn hat die Stelle soeben passiert und ist auf dem Weg zur Hauptstraße (Unbekannter Postkartenverlag – Sammlung Ludwig Schönefeld).

Die Kaiserstraße richtete sich nun nach Norden, um an der Einmündung der heutigen Dördelstraße in nordwestlicher Richtung den damaligen Bahnhof Langendreer-Süd (heute S-Bahn-Haltepunkt „Langendreer West“) und den sogenannten „Kaisersteg“ zu erreichen.

Der „Kaisersteg“ war ein 1885 errichteter Fußgängersteg über die umfangreichen Gleisanlagen des Bahnhofs Langendreer zwischen dem „Eintrachtplatz“ vor dem Bahnhof und der nördlich der Bahnanlagen liegenden Walzstraße. An seiner Stelle gibt es heute eine Straßenunterführung.

Über eine Spitzkehre wechselten die Straßenbahnwagen am Eintrachtplatz auf die rechte, westliche Seite der heutigen Ümminger Straße. Um dem Personal das Umlegen der Stangenstromabnehmer zu ersparen, hatte man hier ein Oberleitungs-Dreieck installiert: Bei der Einfahrt in die Spitzkehre wurde der Rollenstromabnehmer durch „Luftweichen“ in die richtige Richtung gedreht.

COMMUNICATIONSWEG

Als die Straßenbahn gebaut wurde, war die aus dem „Communicationsweg nach Uemmingen“ hervorgegangene Ümminger Straße noch namenlos. Sie verband die Siedlung am Bahnhof Langendreer-Süd unter anderem mit der Zeche „Colonia“ (Aufnahme der Förderung 1869, seit 1877 „Mansfeld“, stillgelegt 1963) und Uemmingen.

Zeitgleich mit dem Bau der Straßenbahn wurde der Straßenzug ausgebaut und befestigt. Da nach und nach auch verschiedene Geschäfte im Verlauf der Straße eröffnet wurden, dachte man vorübergehend daran, die neue Verbindung nach Uemmingen als „Hauptstraße“ zu bezeichnen. 1903 fiel die Entscheidung für den bis heute existierenden Namen „Uemminger Straße“ (heute in der Schreibweise „Ümminger Straße“).

Die nachfolgend abgebildet Postkarte zeigte den aufstrebenden Stadtteil Langendreer-Süd. Das Motiv wurde im April 1915 vom Förderturm der Zeche Mansfeld aufgenommen. Die Trasse der Straßenbahn in der Uemminger Straße verlief unmittelbar hinter der im Vordergrund sichtbaren Häuserzeile (Verlag Richard Honsberg, Langendreer – Sammlung Ludwig Schoenefeld).

ENDSTELLE UEMMINGER BRAUEREI

Die Endstelle der Straßenbahn in Uemmingen lag unmittelbar vor der ehemaligen Uemminger Brauerei. Auf dem folgenden Bild aus der Sammlung von Eberhard Brand ist die Endstelle auf einer Postkarte aus dem Verlag von M. Hönscheidt, Witten, aus dem Jahr 1905 zu sehen.

Heute befindet sich unter den Koordinaten der ehemaligen Endstelle der Bahnkörper der vierspurig ausgebauten Wittener Straße. Sie Straßenbahn Langendreer würde unmittelbar vor dem einzigen vom Brauerei-Ensemble erhaltenen Gebäude, dem Fachwerkhaus Wittener Straße 514, auf Fahrgäste warten.

Am 11. Januar 1899 wurde die 3,04 Kilometer lange Verbindung eröffnet. Die landespolizeiliche Abnahme hatte bereits einige Tage früher, am 4. Januar 1899 stattgefunden. Betriebsintern wurde sie als „Linie 3“ bezeichnet.

ZUR GEMARKUNGSGRENZE

Am 5. März 1901 erhielt die Märkische Straßenbahn die Konzession, die „Kaisersteg-Linie“ von Uemmingen über den Langendreer Bach um 450 Gleismeter bis an die Grenze nach Laer zu verlängern. Am 21. Dezember 1901 erfolgten die landespolizeiliche Abnahme und die umgehende Aufnahme des Personenverkehrs.

Das Streckenstück war technisch unspektakulär, stellte aber eine Übergangsmöglichkeit zu der am 21. Dezember 1901 fertiggestellten Verbindung Laer – Crengeldanz der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG her. Da die beiden Unternehmen untereinander in einem Konkurrenzverhältnis standen, wurde eine Übergangsmöglichkeit nicht hergestellt.

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  • Der Abzweig in die Kaiserstraße 1916. Rechts das kurz zuvor umgebaute Restaurant Schmiehoff.
    Verlag Richard Honsberg Langendreer - Sammlung Ludwig Schönefeld