MÄRKISCHE

Als Anfangsausstattung für die Märkische Straßenbahn lieferte der von der Märkischen Straßenbahn beauftragte Generalunternehmer A.-G. Elektricitätswerke zwischen 1898 und 1901 insgesamt 40 zweiachsige Triebwagen.

Das Beitragsbild zeigt die Anlieferung von Triebwagen 14, mit dem am 17. Oktober 1898 die Anlieferung des ersten Triebwagens der Märkischen Straßenbahn in Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste vor dem Wittener Rathaus inszeniert wurde (A.-G. Elektricitätswerke – Sammlung Stadtarchiv Witten).

In den Quellen finden sich Hinweise, dass die Triebwagen in sechs Losen ausgeliefert wurden: Triebwagen 1 bis 14, 15 bis 17, 18 bis 23, 24 bis 35 und 36 bis 40 – möglicherweise nach Baufortschritt der einzelnen Strecken.

Die Triebwagen der Märkischen Straßenbahn verfügten über drei große Seitenfenster. Sie hatten bereits einen Witterungsschutz aus Glas an den ansonsten offenen Plattformen. Bei einer Länge von 7,37 Metern gab es 16 Sitzplätze auf Längsbänken und 22 Stehplätze. Der elektrische Teil und die ursprünglich verwendeten Fahrgestelle mit 1,75 Metern Achsstand stammten aus der eigenen Produktion der A.-G. Elektricitätswerke in Niedersedlitz bei Dresden. Die Wagenkästen wurden nach in Luxemburg erhaltenen Unterlagen von der Wagenbauanstalt und Waggonfabrik für elektrische Bahnen vorm. W. C. F. Busch (Busch) zugeliefert. Sie stellte damals in ihren Produktionsstätten in Bautzen und Hamburg in großer Zahl Wagenkästen für Straßenbahnen her.

Die technische Ausstattung der von der A.-G. Elektricitätswerke elektrisch ausgerüsteten Triebwagen unterschied sich in zahlreichen Details von den Fahrzeugen, die zeitgleich von anderen Verkehrsunternehmen beschafft wurden. So gab es insbesondere im Bereich des Antriebs, bei dem Kummer eigene Patente verwendete, deutliche Unterschiede zu den Konzepten von Siemens & Halske, Schuckert oder Lahmeyer. Auch die Abfederung zwischen Fahrwerk und Wagenkasten basierte auf einem Kummer-Patent.

Auf der nachfolgenden Werkaufnahme der A.-G. Elektricitätswerke sehen wir das Kummer-Fahrwerk besonders gut. Dieser Triebwagen mit vier Fenstern wurde allerdings an die Straßenbahn in Graudenz – heute Grudziądz in Polen – geliefert (A.-G. Elektricitätswerke – Sammlung Ludwig Schönefeld). Vergleichbare Fahrzeuge erhielt auch der 1897 eröffnete Straßenbahnbetrieb in Mülheim an der Ruhr.

Einer Auflage der Königlichen Eisenbahndirektion folgend, mussten sowohl die Elektrische Straßenbahn der Stadt Mülheim-Ruhr als auch die Märkische Straßenbahn schon 1902 die von Kummer gelieferten Fahrschalter gegen Union-Fahrschalter des Typs R.S.P. austauschen. In den Jahren 1904 und 1905 wurden die bis auf die Frontscheibe offenen Führerstände bei acht Triebwagen teilweise und bei 16 weiteren Triebwagen vollständig geschlossen.

Auf den ersten Blick unterschieden sich die Kummer-Triebwagen von den in der Nachbarstadt Bochum eingesetzten Straßenbahnwagen durch eine etwas anders ausgeführte rote Lackierung und durch die Rollenstromabnehmer. Der Wechsel von diesen Rollenstromaufnehmern auf Schleifbügel erforderte nach der Übernahme der Märkischen Straßenbahn durch die Westfälische Straßenbahn GmbH weitreichende Anpassungsarbeiten an den Fahrleitungen.

Die Triebwagen der Wittener Erstausstattung bewährten sich nicht. Sie waren wie die 1896/97 nach Mülheim gelieferten Straßenbahnwagen sehr störungsanfällig. Insbesondere die Fahrgestelle waren für den Betrieb auf den langen Linien der Märkischen Straßenbahn zu schwach.

So kamen mit dem Übergang der Märkischen Straßenbahn auf die Westfälische Straßenbahnen GmbH nur 32 Fahrzeuge in deren Bestand. Sie wurden bis zur Neuordnung des Wagenparks im Jahr 1918 unter ihren alten Nummern eingesetzt.

Die Westfälische Straßenbahn ersetzte die störungsanfälligen Motore des Typs FS durch die mit 25 Kilowatt leistungsstärkeren D 53 wg-Motore der Siemens-Schuckertwerke. Außerdem wurden die Fahrgestelle verstärkt und mit normalen Spiralfedern ausgerüstet. Der Achsstand wurde auf 1,68 Meter reduziert, um die Kurvenläufigkeit zu verbessern. Darüber hinaus erhielten die Triebwagen nach und nach Lyrabügel und Laternen für das Liniensignal. Nach der im Zusammenhang mit der technischen Ertüchtigung ausgeführten Neulackierung wurden auch die neuen Fahrzeugnummern angeschrieben. Sie wurden gegenüber der vorherigen Nummer um eine Hunderterstelle erhöht.

Bei der 1918/19 vorgenommenen Neuordnung des Wagenparks wurden noch 20 der ursprünglich 40 von der Märkischen Straßenbahn übernommenen Triebwagen erfasst. Sie erhielten jetzt die zusammenhängende Nummerngruppe 111 bis 130. Die zuvor bereits abgestellten Fahrzeuge wurden teilweise zu Arbeitswagen umgebaut. Ein Teil der Fahrgestelle wurde zum Bau von Güterwagen verwendet, der Rest verschrottet.

Über das in Berlin ansässige Handelsunternehmen Arthur Lomnitz konnten die Triebwagen 117, 121, 123 und 130 mit Vertrag vom 3. Juni 2021 zum Stückpreis von 100.000 Mark an die Tramways de la Ville de Luxembourg (T.V.L.) verkauft werden. Dazu wurden sie von der Westfälischen Straßenbahn vollständig instandgesetzt und in den Farben Luxemburger Farben lackiert. Am 4. August 2021 erreichten die Triebwagen 117 und 121 unter den neuen Nummern 15 und 16 per Bahn den neuen Eigentümer. Die Triebwagen 123 und 130 folgten am 25. August 1921 unter den Nummern 17 und 18. Am 15. August bzw. 3. September 1921 nahmen sie den Dienst auf den Luxemburger Stadtlinien auf.

Die bei der Westfälischen Straßenbahn verbliebenen Triebwagen wurden bis 1929 vollständig ausgemustert. Zeitgleich beendeten auch die Luxemburger Wagen 15 bis 18 ihren Dienst. Teile ihrer elektrischen Ausrüstung wurden dort zum Bau neuer Fahrzeuge in eigener Werkstatt weiterverwendet. Diese Wagen erhielten die Nummern 15 bis 18 in Zweitbesetzung. Sie blieben bis zum Juli 1960 im Einsatz.

MAN-TRIEBWAGEN

In den Jahren 1902 und 1909 erhielt die Märkische Straßenbahn zwei weitere Fahrzeuglieferungen. Hersteller war die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg.

Die 1902 unter den Nummern 41 bis 45 gelieferten Triebwagen wiesen als technische Innovation zwei einachsige Drehgestelle auf. Sie sollten einen besseren Kurvenlauf ermöglichen. Das nachfolgende Foto aus der Sammlung von Hans-Ulrich Hake zeigt einen dieser Triebwagen im Ablieferungszustand an der Endstelle in Bommern.

Die 1909 gelieferten Triebwagen der zweiten MAN-Serie erhielten die Betriebsnummern 46 bis 50. Sie hatten wieder starre Pressträger-Fahrgestelle erhalten, nachdem sich die Einachs-Drehgestelle der ersten Serie im Betrieb nicht bewährt hatten.

Auf dem nachfolgenden Werksfoto der MAN sehen wir Triebwagen 49 kurz vor der Ablieferung (MAN – Sammlung Werner Fricke / Sammlung Ludwig Schönefeld).

Nach der Übernahme durch die Westfälische Straßenbahn GmbH wurden die zehn MAN-Triebwagen weiterhin vom Betriebshof Witten betreut. Um einen freizügigen Einsatz im Netz der Westfälischen Straßenbahn zu ermöglichen, wurden die Triebwagen mit Lyra-Stromabnehmern ausgestattet. Darüber hinaus wurden Laternen für das Liniensignal ergänzt. Für die Triebwagen 41 bis 45 wurden neue Fahrgestelle beschafft. Abgeschlossen wurden die Anpassungsarbeiten mit einer Neulackierung in den Farben der Westfälischen Straßenbahn.

Bei der Neuordnung des Wagenparks erhielten die MAN-Triebwagen die Betriebsnummern 101 bis 110. Triebwagen 105 wurde als erstes Fahrzeug der Serie 1923 verschrottet. Die restlichen MAN-Triebwagen waren teilweise noch bis 1929 im Einsatz.

Auf der nachfolgenden Ausschnittvergrößerung einer historischen Postkarte sehen wir den ertüchtigten Triebwagen 107 (Nr. 47 der Märkischen Straßenbahn) am Denkmal in Langendreer (Unbekannter Postkartenverlag – Sammlung Andreas Halwer).

BEIWAGEN

Zum Bestand der Märkischen Straßenbahn gehörten neben Triebwagen auch eine Reihe von Beiwagen.

Von der Westfälischen Straßenbahn übernommen wurden die 1898 von Busch gebauten Beiwagen 1 bis 6. Sie erhielten die Nummern 181 bis 186. Drei von ihnen wurden 1916 nach Linz / Donau verkauft, drei weitere überlebten bis 1953.

Sechs weitere Beiwagen, die 1898 von Busch als sogenannte „Sommerwagen“ gebaut worden waren, kamen als Beiwagen 7 bis 12 in den Bestand der Märkischen Straßenbahn. Auch sie wurden von der Westfälischen Straßenbahn zunächst übernommen, 1916 jedoch bis auf einen Beiwagen, der die Nummer 190 erhielt, an die Straßenbahn in Münster verkauft. Beiwagen 190 wurde 1921 an die Hattinger Kreisbahn weitergegeben.

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