BAHNHOF LÜTGENDORTMUND

Am 5. Oktober 1862 eröffnete die 1843 in Elberfeld gegründete Bergisch-Märkische Eisenbahn-Gesellschaft (BME) die bis heute im Fernverkehr befahrene Bahnstrecke von Dortmund nach Bochum. Damals erhielt Lütgendortmund den ersten Bahnhof. Er lag rund 2,5 Kilometer vom Ortskern entfernt auf dem Gebiet der Gemeinde Oespel-Kley an einer von der späteren Bismarckstraße (heute Steinhammerstraße) abzweigenden Stichstraße (heute Karolinenstraße).

Für den Bahnhof und die Häuser in seinem Umfeld verwendeten die Lütgendortmunder über viele Jahre den Sammelbegriff „Station“. Menschen, die dort aufgewachsen waren, wurden als „Stationer“ bezeichnet. Zu ihnen gehörte der als „Fritz von Lütgenbömmel“ bezeichnete Chronist Friedrich Ostermann (1896 – 1977). Auch der Journalist Kurt Klotzbach (1917 – 1992), der mir in den 1980er-Jahren neben seinem Wissen auch seine im Dienst der Ruhr Nachrichten entstandenen Straßenbahnfotos zur Verfügung stellte, war ein „Stationer“.

EMSCHERTALBAHN


Ein zweiter Bahnhof folgte, nachdem die Cöln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft (CME) am 1. Januar 1878 eine Verbindung von Castrop-Stadt nach Dortmund eröffnete hatte. An dieser Bahnstrecke lagen die Haltepunkte Merklinde, Bövinghausen, Lütgendortmund und Marten. Ab dem 1. April 1878 gab es auf der später als „Emschertalbahn“ bezeichneten Strecke auch Personenverkehr.

Um die Station in Oespel-Kley und den Haltepunkt an der Emschertalbahn zu unterscheiden, erhielt letzterer die Bezeichnung Lütgendortmund Nord, während die „Station“ nunmehr als Lütgendortmund Süd bezeichnet wurde.

Der Bahnhof Lütgendortmund Nord an der Amtsstraße (heute Westricher Straße) lag deutlich näher am Ortskern als die „Station“ in Oespel-Kley. Bis heute hat der Personenverkehr auf der Emschertalbahn im Vergleich mit der Bergisch-Märkischen Trasse nur regionalen Charakter.

RHEINISCHE BAHN

Noch vor der Cöln-Mindener-Bahn hatte am 19. November 1874 die Rheinische Eisenbahn-Gesellschaft (RE) die Bahnstrecke Dortmund-Süd – Dorstfeld – Bochum Nord in Betrieb genommen. Diese, zwischen Dortmund und Langendreer parallel zur Bergisch-Märkischen-Bahn verlaufende Strecke durchquerte Lütgendortmund ohne Halt. Ihr Bahnhof befand sich unweit der Provinzialstraße in Langendreer und trug in Abgrenzung zum BME-Bahnhof Langendreer Süd („Alter Bahnhof“) die Bezeichnung Langendreer Nord.

MÜHSAMER ZUGANG

Nach der Eröffnung der Strecke von Lütgendortmund zur Gemeindegrenze Oespel-Kley am 11. Dezember 1902 war die Märkische Straßenbahn dem Ziel, den Bahnhof Lütgendortmund Süd an den Ortskern anzubinden, ein bedeutendes Stück näher gekommen.

Gut einen Monat später ermöglichte das Regierungspräsidium in Arnsberg die Weiterführung der Trasse von der Gemeindegrenze bis an den „rheinischen“ Bahnübergang. Am 5. Februar 1903 wurde dieses Streckenstück erstmals befahren.

Dennoch blieb der Zugang zum Bahnhof mühsam. Die Staatsbahn untersagte der Straßenbahn weiterhin die Querung stark befahrener Bahnlinien. So auch am Bahnhof Lütgendortmund Süd. Die Fahrgäste der Straßenbahn mussten deshalb die parallel zur Bergisch-Märkischen Strecke verlaufenden Gleise der Rheinischen Bahn zu Fuß überqueren. Dann folgte ein Weg über mehrere hundert Meter bis das schlichte Empfangsgebäude und der Bahnsteig erreicht waren.

Wer ohne Hindernisse vom Ortszentrum zum Bahnhof kommen wollte, war auf den Pferdeomnibus des Fuhrunternehmens Pies angewiesen, das für gutes Geld einen Transfer vom Hotel Specht zum Bahnhof Süd anbot.

EIN NEUES EMPFANGSGEBÄUDE

Im Zusammenhang mit der Höherlegung der Eisenbahntrasse und der Eröffnung des Personenbahnhofs in Langendreer bündelte die Staatsbahn nach und nach den gesamten Personenverkehr zwischen Dorstfeld und Langendreer auf der Trasse der ehemaligen Rheinischen Bahn. Da diese zugleich höhergelegt wurde, musste für Lütgendortmund, Oespel und Kley ein neues Bahnhofsgebäude errichtet werden.

Der neue Bahnhof Lütgendortmund (der Zusatz „Süd“ entfiel) lag westlich der heutigen Borussiastraße zwischen den Trassen der Rheinischen Bahn und der Bergisch Märkischen Eisenbahn. Damit befand er sich immer noch auf dem Gebiet der Gemeinde Oespel-Kley, rückte aber im Vergleich zum alten Bahnhof um etwa 400 Meter Luſtlinie näher an Lütgendortmund heran. Der repräsentative Bahnhofsvorplatz wurde dank der Höherlegung der Bahnstrecken nunmehr über breite Straßenunterführungen erschlossen.

1910 wurden die neuen Bahnsteige und das im Jugendstil errichte Empfangsgebäude fertiggestellt. Parallel zum Abschluss der Bauarbeiten verlängerte die Märkische Straßenbahn ihre nunmehr dank der Unterführung kreuzungsfreie Strecke um 262 Meter von der bisherigen Endstelle am ehemaligen Bahnübergang bis auf den neuen Bahnhofsvorplatz. Hier entstand für einen geplanten Betrieb mit Beiwagen eine zusätzliche Ausweichstelle.

Intern verwendete die Märkische Straßenbahn für die Verbindung vom Bahnhof Langendreer Nord zum Bahnhof Lütgendortmund seit dem 1. März 1909 die Liniennummer 5, während die Liniennummer 4 ab dem 1. März 1909 der Linie Laer – Castrop zugeordnet wurde.

Das Beitragsbild, ein Ausschnitt aus einer Mehrbildkarte aus dem Verlag von Hermann Lorch (Sammlung Ludwig Schönefeld), zeigt Triebwagen 14 der Märkischen Straßenbahn vor dem 1910 eingeweihten Bahnhofsgebäude. Es wurde 1981 abgebrochen. Der Bahnanschluss nach Dortmund wurde ab 1984 durch den Haltepunkt Dortmund Germania der S-Bahn-Linie S 4 ersetzt.